Bühne

EXPATS

Ein Stück über Firmenentsandte in China

Während die USA und Europa in Schuldenkrisen versinken, boomt der Markt in China und gilt als Eldorado für Unternehmen. Auch die Schweiz ist im Chinafieber. China ist heute nach der Europäischen Union und den USA der drittgrößte Exportmarkt der Schweiz und zweitgrößter Deutschlands. Expatriates, kurz Expats, werden die Führungskräfte eines Unternehmens im Ausland genannt. Ein bis fünf Jahre bleiben die Entsandten, um neue Abteilungen oder Tochterunternehmen aufzubauen. Doch der Markt in China ist umkämpft und hat seine Besonderheiten. Der Erfolg des Expats hängt stark von seiner interkulturellen Anpassungsleistung ab. Interkulturelle Kompetenz ist die Fähigkeit, die eigene und fremde kulturelle Orientierung zu erkennen, zu reflektieren und zu benennen.

Ai Weiwei spricht von «gewaltigen Voreingenommenheiten und naiven Urteilen im Verständnis der Welt von China als Ergebnis einer historischen ideologisch-politischen Entfremdung». Wie spiegelt sich diese Entfremdung im beruflichen und privaten Alltag der Expats wieder? Was passiert, wenn europäische und chinesische Kulturstandards aufeinandertreffen? Beugt schnell erworbenes interkulturelles Know-how Missverständnissen vor oder produziert es sie erst? Welche Herausforderungen und Fallstricke gibt es?

Über die individuellen Biographien der deutschen und Schweizer Expats in Shanghai und der chinesischen Geschäftspartner hinaus werden Konzepte kultureller und nationaler Identitäten beleuchtet und hinterfragt.

Uraufführung: Theater Basel – 16.3.2013

VIDEO  https://www.art-tv.ch/9880-0-Theater-Basel-I-Expats-Eidgenossen-in-Shanghai.html 

 

BESETZUNG

Regie: Antje Schupp
Bühne: Evi Bauer
Kostüme: Clauria Irro
Dramaturgie: Eva Böhmer

Mit: Ariane Andereggen, Claudia Jahn, Mareike Sedl, Andrea Bettini, Christian Heller, Johannes Schäfer

 

PRESSESTIMMEN

»Gesine Schmidt destillierte aus Recherchen vor Ort und Interviews Lost-in-Translation-Situationen Monologe und Geschichten, die viel über Einsamkeit, Überforderung und Heimweh in den abgeschotteten, total überwachten Compounds der Ausländer erzählen, aber auch über die Glücksritter, die China als Abenteurer, sportliche Herausforderung und Vitalitätsschub erleben. Schmidt beschreibt interkulturelle Konflikte und überraschende Gemeinsamkeiten, Abgrenzung und Anpassung, ohne Stellung zu beziehen. Die Menschen im Hotel drängen ihre Geschichten dem in Kleingruppen aufgeteilten Publikum förmlich auf, der Ort ist anonym, die Erzählsituation verstörend intim: So wird man zum Vertrauten und Voyeur gemacht. Nach drei Stunden hat man gelernt: In Shanghai kann man sehr schnell reich werden, „verchinesisieren“, verschweizern oder auch verzweifeln. Nur die Stärksten halten das aus, aber als theatrale Fremdheitserfahrung ist es großartig.« (Martin Halter, Badische Zeitung / Tagesanzeiger Zürich)

»Für ›Expats. Eidgenossen in Shanghai‹ hat Gesine Schmidt in der Schweiz und in China recherchiert. In Shanghai hat sie Interviews mit aus der Schweiz dorthin emigrierten Ärztinnen, Managern, Architektinnen, einem Konsul und einem Seelsorger geführt. Diese von Schauspielern gesprochenen Texte spiegeln eine Gefühlslage aus Überforderung, Selbstüberschätzung und der trügerischen Gewissheit Avantgarde zu sein. Das ist unterhaltsam und kurzweilig, zumal sich Widersprüche und Ressentiments eher nebenbei enthüllen, ohne die Figuren allzu sehr zu denunzieren. (…) Viel ist von Isolation, Einsamkeit, vor-emanzipatorischen Geschlechterverhältnissen und Statusdenken die Rede. Politisch wird es, wenn aus den Erzählungen der Geschäftsführerin Ju deutlich wird, wie schnell sich das Land verändert hat oder wenn der Bereichsleiter Cheng (im Video: Kong Xian Chu) im Gegenzug die Schweizer beurteilt und sich wegen 30-prozentigen Gehalterhöhungen jährlich als Angehöriger einer „Glücksgeneration“ bezeichnet. Während die Glückskatzen immer weiter winken.« (Annette Hoffmann, Nachtkritik)

»Den logistischen Kraftakt, ein Stück über fünf Hotelstockwerke verteilt zu spielen, meistert das Theater Basel mit Bravour. Das Ensemble scheint überall gleichzeitig aufzutauchen. Alle Figuren sind doppelt oder dreifach besetzt, das erspart den Zuschauergruppen längere Wartezeiten. Da haben Regie und Dramaturgie ganze Arbeit geleistet. Diese Art Doku-Theater ist anregend, (…) der Aufwand hat sich gelohnt.« (Stephan Reuter, Basler Zeitung)

»Der Abend wirkt trotz allerlei belastenden Informationen leicht. Mit dem Raum-Hopping und den kurzen Darbietungen verfliegen die drei Stunden wie nichts.« (Claude Bühler, Online Reports)

 

FOTOS

von Judith Schlosser