Vermögend
Ein Theaterstück über Menschen mit Geld
Über Geld spricht man nicht. Vermögen hat in Deutschland ein schlechtes Image. Wie ist es, reich zu sein? Woher stammt das Vermögen und welche Bedeutung hat es? Verdirbt Geld den Charakter? Mit welchen Vorstellungen, Erwartungen und Ressentiments werden Reiche konfrontiert? Ist Reichtum ein Geburtsprivileg oder Ergebnis der eigenen Leistung? Verpflichtet Reichtum? Macht Geld glücklich? Welche Rolle spielt Geld, wenn Geld keine Rolle mehr spielt?
Eine Stifterin, ein Banker, ein Unternehmer, eine Erbin und ein Unternehmersohn geben Auskunft über ihre Familiengeschichten, beruflichen Werdegänge und ihre Zukunftsvisonen. Es geht um Werte wie Verantwortung, Leistung, Pflicht und Mission, aber auch um Neid, Anerkennung, Verlangen, Einsamkeit und Glück.
»Die Figuren in Gesine Schmidts dokumentarischem Stück geben selbst Auskunft und lassen uns einen Blick in eine Welt werfen, die uns sonst meist nur medial und voyeuristisch ausgeleuchtet vermittelt wird. Die Autorin präsentiert ein Tableau, das im besten Falle Fragen an das eigene Verhältnis zum Umgang mit Geld, zur Teilnahme an gesellschaftlichen Prozessen oder zur persönlichen Einstellung zu Leistung, Motivation, Chancen und Gerechtigkeit hervorruft.«
Stephanie Junge, Dramaturgin
Uraufführung: Theater Regensburg – 18.2.2018
BESETZUNG
Regie: Mia Constantine
Bühne und Kostüme: Monika Frenz
Video: Michael Lindner
Dramaturgie: Stephanie Junge
Mit: Michael Haake, Silke Heise, Franziska Sörensen, Michael Heuberger, Stefan Schießleder
PRESSESTIMMEN
Die Verantwortung der Vermögenden
Gesine Schmidt ist eine spannende Autorin. In ihren Stücken geht es Schmidt stets darum, gesellschaftliche Prozesse offen zu legen, deren Strukturen sonst im Geheimen bleiben. Seit dem zusammen mit Andres Veiel verfasstem Stück »Der Kick« hat sie ihre Methode für ein neues dokumentarisches Theater immer weiter ausgefeilt. Am Anfang der Recherche stehen Interviews und es ist durchaus erstaunlich, was Schmidt ihren Gesprächspartnern dabei entlockt. Dann beginnt die Phase der Strukturierung des Stoffs, die sich vor allem in den Zwischenüberschriften widerspiegelt, sowie ein genaues Konturieren der Sprachcharakteristiken der einzelnen Figuren. Diese Stärken zeigen sich auch in »Vermögend«, einer Auftragsarbeit für das Theater Regensburg. Hier befragte Gesine Schmidt fünf Personen, einen Banker, der ausgestiegen ist, einen Unternehmer, einen Unternehmersohn, eine Stifterin und eine Erbin, also sämtlich Menschen, die mit Geld zu tun haben, wobei die Ausgewählten sich auch mit ihren finanziellen Mitteln sozial engagieren, um diese Gesellschaft für die Zukunft zu sichern. …
Die Regisseurin hat ein genaues Gefühl für Rhythmus. Wenn dann noch tolle Schauspieler hinzukommen, steht einem gelungenen Theaterabend nichts mehr im Wege. Und in der Tat läuft das Regensburger Ensemble zu einer grandiosen Form auf. Jede Figur scheint dabei zunächst klischeehaft gezeichnet, entwickelt aber zunehmend ein eigenes Profil, das zu einem unverwechselbaren Charakteristikum wird. Franziska Sören spielt die Stifterin, leicht versponnen, von einem starken Vaterbild sich kaum lösen könnend. Silke Heise ist die verhuschte Erbin, die ihren Erbschaftsanteil ungerecht findet, aber sich irgendwie in ihrem Widerspruch eingerichtet hat – und dann auch wieder nicht. Stefan Schießleder gibt den Unternehmersohn, der aus der väterlichen Firma ausgestiegen ist und sich mit seinem Speedboot auf dem Rennen zwischen Florida und Kuba bewährt hat, mit komödiantischen Tönen: als gestandenen Mann, der weiß, was er will. Michael Heuberger führt einen Unternehmer alten Schlags vor, der bei Null angefangen hat, auf seine Art aufrichtig, schlitzohrig und bieder. Nebenbei: Auffällig oft fällt in diesem Stück über Verantwortung und Vermögen der Begriff „konservativ“.
Den Banker, der seit dem Wandel in der Gesellschaft 2001, wo die mit dem Wort „Kundenorientierung“ verbundene Ausrichtung verschwand, seinem Beruf kritisch gegenübersteht und inzwischen auch ganz ausgestiegen ist, spielt Michael Haake leicht melancholisch. Ihm ist auch das Schlusswort überlassen: „Es gibt keine Guten und keine Bösen in dem Spiel. Das ist wie ein griechisches Drama. Wir sind alle miteinander unschuldig in Schuld verstrickt.«
Die Deutsche Bühne, M. Jahnke 19.2.2018
FOTOS
Martin Kaufhold